Deutschland/Brandenburg. Zufälle gibt’s. Vor fast genau einem Jahr, im Mai 2024, hat sich „Der Datenanalytiker” nicht mit Daten befasst – sondern mit einer Analyse zu der Frage, welche Auswirkungen es für AfD-Mitglieder hat, wenn ihre Partei von Verfassungsschutz-Behörden als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung” eingestuft wird. Schwerpunkt der juristischen Betrachtung waren der Bund und Brandenburg.
Ungefähr ein Jahr später haben das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Brandenburger Verfassungsschutzbehörde die AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung” bewertet. Die rechtliche Analyse von vor einem Jahr, was das für die Mitglieder bedeutet, ist jetzt top-aktuell. Sie folgt im Wortlaut:
Die Zusammenfassung der Analyse
- Wird eine Partei von Verfassungsschutzbehörden als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft, so bietet das eine (erweiterte) Rechtsgrundlage, die Partei zu beobachten, wie es die Verfassungsschutzgesetze vorsehen, und dementsprechend nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen. Dadurch gibt es weitergehende Möglichkeiten, Beweise für eine etwaige Verfassungswidrigkeit einer Partei zu sammeln, wie sie in einem Verbotsverfahren erforderlich sind.
- Die Verfassungsschutz-Einstufung einer Partei als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ beschneidet nicht deren grundgesetzlich garantierten Rechte (Parteienprivileg). Aufgrund der Einstufung als solcher sind also keine finanziellen oder anderen Sanktionen bzw. Benachteiligungen der Partei möglich.
- Die Verfassungsschutz-Einstufung einer Partei als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ als solche hat keine unmittelbaren Folgen für ihre Mitglieder. Allerdings kann die Einstufung in Kombination mit den Aktivitäten der Mitglieder in der Partei Folgen für die Mitglieder haben – insbesondere, wenn Mitglieder Führungspositionen der Partei übernehmen oder innehaben. Denn fortan handelt es sich bei Parteiaktivitäten um Handlungen in einer „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“. Und wer Führungsfunktionen einer solchen Partei wahrnimmt, macht sich die Ziele und das Handeln der rechtsextremistischen Bestrebung im Besonderen zu eigen. Das kann bei Beamten bedeuten, dass sie gegen ihre politische Treuepflicht verstoßen. Das kann auch auf Angestellte des Öffentlichen Dienstes zutreffen. Und bei Legalwaffenbesitzern kann das Engagement in einer „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ dazu führen, dass sie im waffengesetzlichen Sinne nicht mehr als zuverlässig gelten und ihre waffenrechtlichen Erlaubnisse verlieren.
Was darf der Verfassungsschutz bezüglich der AfD, wenn der Verfassungsschutz die AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ einstuft?
Was gilt auf der Bundesebene?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Aufgabe (§ 3 Bundesverfassungsschutzgesetz) bezüglich (rechts-)extremistischer Bestrebungen Informationen zu sammeln und auszuwerten, insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen. Welche Befugnisse das Bundesamt für Verfassungsschutz hat, regelt insbesondere § 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Was die Verfassungsschutzbehörde darf, geht darüber hinaus aus den Paragrafen 8a bis 13 hervor. Eine Art Überblick bietet § 8 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes:
„Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden.“
Was gilt im Land Brandenburg?
Die Verfassungsschutzbehörde Brandenburg hat die gleichen Aufgaben (§ 3 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz) auf Landesebene wie das Bundesamt für Verfassungsschutz auf Bundesebene. Ihre Befugnisse hinsichtlich (rechts-)extremistischer Bestrebungen regelt insbesondere § 6 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz. Was die Verfassungsschutzbehörde darf, geht darüber hinaus aus den Paragrafen 6a bis 19 hervor. Eine Art Überblick bietet § 6 Absatz 3 Satz 1:
„Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Informationsbeschaffung als nachrichtendienstliche Mittel die folgenden Maßnahmen anwenden:
- Einsatz von Verdeckt Informationsgebenden, sonstigen geheimen Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und Verdeckt Ermittelnden;
- Observationen;
- Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Videografieren und Filmen) außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes;
- verdeckte Ermittlungen und Befragungen;
- Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel;
- Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes ;
- Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen sowie die Sichtbarmachung, Beobachtung, Aufzeichnung und Entschlüsselung von Signalen in Kommunikationssystemen;
- Verwendung fingierter biografischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden);
- Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen;
- Überwachung des Brief‑, Post- und Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298; 2007 I S. 154), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 14. August 2017 ( BGBl. I S. 3202 , 3212 ) geändert worden ist;
- technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes oder zur Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer;
- Teilnahme an einer Kommunikationsbeziehung im Internet unter einer Legende nach Nummer 8 sowie § 4 Absatz 5 und unter Ausnutzung eines schutzwürdigen Vertrauens der oder des Betroffenen oder Dritten, um ansonsten nicht zugängliche Daten zu erhalten.“
Welche Rolle könnte die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ durch den Verfassungsschutz in einem etwaigen Verbotsverfahren gegen die AfD spielen?
Die Rechtsgrundlagen für eine Verfassungsschutz-Einstufung und für ein Parteienverbot sind unterschiedlich. Kurz zusammengefasst: Für die Verfassungsschutz-Einstufung reicht die Verfassungsfeindlichkeit, für ein Parteiverbot nicht (vgl. NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017, – 2 BvB 1⁄13 -, Rn. 1–1010) – für ein Parteiverbot ist Verfassungswidrigkeit die Voraussetzung.
Ein Auszug aus dem genannten NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
„Zwar hat das Verfahren im Ergebnis nicht zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Antragsgegnerin geführt. […] Nach der materiellen Prozesslage war festzustellen, dass das Handeln der Antragsgegnerin planmäßig auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist und ihm lediglich wegen mangelnder Potentialität die Qualität eines ‚Darauf Ausgehens‘ im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG fehlt.“
Das heißt, eine Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ durch den Verfassungsschutz ist kein Beleg für deren Verfassungswidrigkeit. Aufgrund einer solchen Einstufung können Verfassungsschutzbehörden aber weitergehend Informationen über die AfD gewinnen und sammeln, die für ein etwaiges Verbotsverfahren gegen die AfD relevant sind.
Die Definition extremistischer Bestrebungen, wie sie der Verfassungsschutz anwendet, ergibt sich aus § 4 (Begriffsbestimmungen) Bundesverfassungsschutzgesetz:
„(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind
a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen;
b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen;
c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.
Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 können auch von Einzelpersonen ausgehen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln. In diesem Fall gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Verhaltensweise der Einzelperson darauf gerichtet sein muss, die dort genannten Ziele zu verwirklichen. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des § 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte.
(2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen:
a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
e) die Unabhängigkeit der Gerichte,
f) der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.“
Die Voraussetzungen für ein Parteiverbot regelt Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz:
„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“
Welche Auswirkungen hat eine Einstufung der AfD auf die Finanzierung der AfD sowie ihr (nahestehender) Vereinigungen und Stiftungen? Können Gemeinden dann Räume verweigern?
Diese Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten. Die Antworten hängen von juristischen Einzelfallprüfungen ab. Es gibt aber (höchstrichterliche) Gerichtsurteile, die einen Eindruck vermitteln, welch‘ weitgehende Rechte auch verfassungsfeindliche Parteien haben.
In § 5 Absatz 1 Satz 1 Parteiengesetz steht:
„Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 28.11.2018 (BVerwG 6 C 2.17) zum „Parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch eines Kreisverbands der NPD auf Eröffnung eines Girokontos“ folgenden Leitsatz formuliert:
„Die Verfassungsfeindlichkeit einer politischen Partei stellt keinen Grund für einen Ausschluss vom parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Parteiengesetz dar.“
In einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 10 CN 1.17) vom 27.06.2018 – „Kein Ausschluss kommunaler Fraktionen ‚verfassungsfeindlicher‘ Parteien oder Wählervereinigungen von Fraktionszuwendungen“ – steht der Leitsatz:
„Kommunale Fraktionen, die aus Vertretern verfassungsfeindlicher Parteien oder Vereinigungen bestehen, durften gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 21 Abs. 2 GG a.F. und Art. 9 Abs. 2 GG nicht deswegen von Zuwendungen zur Fraktionsgeschäftsführung ausgeschlossen werden. Auch nach derzeitigem Verfassungsrecht (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 21 Abs. 2 bis 5 GG) ist eine an dieses Kriterium anknüpfende Benachteiligung bei der Verteilung kommunaler Fraktionszuwendungen nicht zulässig.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil zur Entlassung eines Wehrpflichtigen, der NPD-Funktionär war, vom 07.07.2004 (BVerwG 6 C 17.03) Folgendes festgehalten:
„Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG ist die verbindliche Entscheidung darüber, dass eine Partei verfassungswidrig ist, dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Bis zu diesem Zeitpunkt darf die Partei in ihrer politischen Tätigkeit nicht behindert werden.“
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat sich in seinem Urteil vom 28.11.2011 (OVG 3a B 4.11) mit der Überlassung des Berliner Ernst-Reuter-Saals an die NPD beschäftigt. Leitsatz:
„Ein Träger der öffentlichen Gewalt ist im Moment der Antragstellung einer politischen Partei auf Nutzung einer öffentlichen Einrichtung durch das parteienrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 5 Abs. 1 PartG an seine bisherige Verwaltungspraxis gebunden und darf diese erst für einen nachfolgenden Antrag abändern.“
In diesem Urteil äußert sich das OVG Berlin-Brandenburg noch weitergehend zum Gleichbehandlungsgebot bezüglich politischer Parteien:
„§ 5 Abs. 1 PartG garantiert politischen Parteien die Gleichbehandlung durch Träger öffentlicher Gewalt. Haben sich diese dazu entschieden, politischen Parteien öffentliche Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, sind sie grundsätzlich auch anderen Parteien gegenüber an die Maßstäbe dieser Entscheidung gebunden. Das bedeutet, dass die Klägerin, sofern nicht eine sachlich begründete Ausnahme in Betracht kommt, ebenso wie andere Parteien, zur Nutzung der in Betracht kommenden Räume zuzulassen ist, soweit andere Parteien zur Nutzung zugelassen wurden. Das Recht auf Chancengleichheit der Parteien ist verletzt, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung einer Partei verweigert oder durch Nebenbestimmungen beschränkt, obwohl er sie unbeschränkt anderen Parteien einräumt oder eingeräumt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2007 – 2 BvR 447⁄07 -, BVerfGK 10, 363 = juris Rn. 3; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 23. November 2011 – OVG 3 S 141.11 -, juris).
[…]
Aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG folgt kein selbstständiger Anspruch politischer Parteien zur Nutzung öffentlicher Einrichtungen. Ob und unter welchen Bedingungen § 5 Abs. 1 ParteiG einen Anspruch auf Nutzung bestimmter Räume haben, hängt damit von der Verwaltungspraxis des Trägers der öffentlichen Gewalt ab.“
Auch in einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13.01.2011 (OVG 3 S 2.11) geht es um die NPD und das Thema: „Nutzung einer kommunalen Einrichtung durch eine politische Partei“. In dem Urteil heißt es:
„Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der von der Antragstellerin angegebene Nutzungszweck, die Vereinigung mit einer anderen politischen Partei feierlich begehen zu wollen, gehöre als Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Antragstellerin zum Kern ihrer Tätigkeit als politischer Partei. Das dagegen gerichtete Vorbringen, eine parteiinterne Festveranstaltung beziehe sich weder auf die parteiinterne politische Willensbildung noch auf die politische Willensbildung des Bürgers und könne daher nicht dem Parteienprivileg unterliegen, überzeugt demgegenüber nicht. Denn der den Parteien durch Art. 21 Abs. 1 GG eingeräumte verfassungsrechtliche Status schließt ihre Aufgabe zur Artikulation ein. Diese erschöpft sich nicht in Parteiprogrammen, sondern ist ihre ständige Aufgabe und Voraussetzung für die Standortbestimmung der politischen Parteien (vgl. Ipsen in Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 21, Rn. 26; zu den geschützten parteitypischen Tätigkeiten auch Morlok in Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Art. 21, Rn. 54). Dazu gehört nach der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung auch die hier in Rede stehende Veranstaltung eines Festaktes zur Verschmelzung zweier politischer Parteien.“
Was die staatliche Förderung parteinaher Stiftungen betrifft, gilt § 2 Abs. 4 und 5 Stiftungsfinanzierungsgesetz:
„(4) Die politische Stiftung bietet in einer Gesamtschau die Gewähr, für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv einzutreten. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die politische Stiftung mit ihrer künftigen Stiftungsarbeit diese Gewähr nicht bieten wird, können insbesondere sein
- eine in der Vergangenheit liegende Stiftungsarbeit, die nicht der Förderung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie dem Gedanken der Völkerverständigung diente,
- Veröffentlichungen, deren Inhalte die Erwartung begründen, dass die Stiftungsarbeit nicht im Sinne der Nummer 1 dienlich sein wird,
- die Mitwirkung, Beschäftigung oder Beauftragung von Personen, die die inhaltliche Arbeit der Stiftung wesentlich beeinflussen können, wenn bei ihnen ein hinreichend gewichtiger Verdacht besteht, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen, oder
- eine verfassungsfeindliche Prägung der politischen Grundströmung, die der Stiftung zuzuordnen ist.
(5) Die politische Stiftung ist nicht darauf ausgerichtet, einen der in § 4 Absatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Kraft zu setzen. Eine solche Ausrichtung ist in der Regel anzunehmen, wenn die politische Stiftung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder als gesichert extremistisch eingestuft wird.“
Sofern die AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft ist, kann das für Stiftungen, die der Partei nahestehen, bedeuten, dass § 2 Abs. 4 Ziffer 4 greift und damit eine staatliche Förderung verwehrt werden kann.
Welche Folgen hat eine Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ durch den Verfassungsschutz für ihre Mitglieder?
Pauschale Folgen für Mitglieder gibt es infolge einer Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ durch den Verfassungsschutz nicht. Etwaige Folgen hängen von juristischen Einzelfallprüfungen ab. Einige (höchstrichterliche) Gerichtsurteile vermitteln aber einen Eindruck, welche Folgen eine Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei unter bestimmten Voraussetzungen haben kann – insbesondere für Waffenbesitzer.
In § 5 Absatz 2 Nr. 3 Buchstabe a Waffengesetz steht:
„Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,
3. bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a) Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa) gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb) gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 19.06.2019 ein Urteil (BVerwG 6 C 9.18) zur „Waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit eines Funktions- bzw. Mandatsträgers der NPD“ gesprochen. Demnach werden „verfassungsfeindliche Bestrebungen einer Partei jedenfalls dann im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG a.F. unterstützt, wenn leitende Funktionen in der Partei oder Mandate als Vertreter der Partei in Parlamenten und Kommunalvertretungen wahrgenommen werden“. In den Leitsätzen seines Urteils hat das Bundesverwaltungsgericht festgehalten:
„Ist der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG a.F. erfüllt, muss einzelfallbezogen geprüft werden, ob atypische Umstände vorliegen, die geeignet sein könnten, die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit zu widerlegen. In den Fällen der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen einer Partei durch Wahrnehmung von Parteiämtern oder Mandaten in Parlamenten und Kommunalvertretungen setzt dies – neben einem in waffenrechtlicher Hinsicht beanstandungsfreien Verhalten – grundsätzlich die Feststellung voraus, dass die betreffende Person sich von hetzenden Äußerungen sowie gewaltgeneigten, bedrohenden oder einschüchternden Verhaltensweisen anderer Mitglieder oder Anhänger der Partei unmissverständlich und beharrlich distanziert hat.“
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat sich in einem Urteil am 16.01.2024 mit dem „Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit; Unterstützung einer verfassungsfeindlichen Vereinigung (NPD)“ befasst (OVG 6 N 5⁄24). Darin heißt es:
„Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse wegen mangelnder Zuverlässigkeit im waffenrechtlichen Sinn, die ihm der Beklagte u.a. wegen Unterstützungshandlungen zugunsten der NPD abspricht. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil zur Entlassung eines Wehrpflichtigen, der NPD-Funktionär war, vom 07.07.2004 (BVerwG 6 C 17.03) Folgendes festgestellt:
„Die Entlassung eines im Jahre 1998 Grundwehrdienst leistenden Soldaten, der Mitglied und Kreisvorsitzender der NPD war, war wegen ernstlicher Gefährdung der militärischen Ordnung im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG rechtmäßig.“
In diesem Urteil führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass NPD-Aktivitäten eines Wehrpflichtigen die militärische Ordnung der Bundeswehr gefährden könne:
„Nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG ist ein Soldat, der auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leistet, zu entlassen, wenn nach dem bisherigen Verhalten durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung ernstlich gefährdet würde. […] Unter „bisherigem Verhalten” im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift kann nur ein Verhalten verstanden werden, das der Wehrpflichtige als „Soldat”, d.h. in der Zeit von der Begründung des Wehrdienstverhältnisses bis zum Entlassungstermin an den Tag gelegt hat. Im Falle des Klägers als „bisheriges Verhalten” zu würdigen ist, dass er während der Dauer seines Grundwehrdienstes Funktionär der NPD geblieben ist.
[…]
Der Kläger hätte als Funktionär der NPD bei seinem weiteren Verbleib in der Bundeswehr in der Zeit von Anfang September 1998 bis zum regulären Ende des Grundwehrdienstes Ende Dezember 1998 die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr ernstlich gefährdet.
[…]
Indem der Kläger während des von März bis August 1998 abgeleisteten Grundwehrdienstes Funktionär der NPD geblieben war, hat er seine Pflicht aus § 8 SG verletzt. Danach muss der Soldat die freiheitliche demokratische Grundordnung anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten. Im Gegensatz dazu wollte die NPD die demokratische Ordnung gegebenenfalls durch einen bewaffneten Aufstand zerstören und eine rechtsradikale Diktatur errichten, in der kein Raum ist für abweichende Meinungen, geschweige denn für die Rechte von ethnischen und religiösen Minderheiten. Als Funktionsträger der NPD muss sich der Kläger die in diesem Zusammenhang von dem Verwaltungsgericht festgestellten Erklärungen, von denen er sich nicht distanziert hat, zurechnen lassen. Dies gilt insbesondere für die Äußerung des damaligen Parteivorsitzenden, in der dieser zum gewaltsamen Umsturz aufgerufen hat. Wer Funktionär einer derartigen Partei ist und nicht den in Rede stehenden Bestrebungen dieser Partei entgegentritt, setzt sich in eindeutigen Widerspruch zu den Grundwerten der Verfassung über den demokratischen und rechtsstaatlichen Staatsaufbau und die Anerkennung der Menschenrechte. Mit einem derartigen Verhalten ist die aktive Verfassungstreue unvereinbar, die § 8 SG auch solchen Soldaten abverlangt, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten.
[…]
Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG ist die verbindliche Entscheidung darüber, dass eine Partei verfassungswidrig ist, dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Bis zu diesem Zeitpunkt darf die Partei in ihrer politischen Tätigkeit nicht behindert werden. Daneben erstreckt sich das Privileg des Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG auch auf die parteioffizielle bzw. parteiverbundene Tätigkeit der Funktionäre, Mitglieder und Anhänger einer Partei (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13⁄73 – BVerfGE 39, 334, 357; Beschluss vom 29. Oktober 1975 – 2 BvE 1⁄75 – BVerfGE 40, 287, 291; Beschluss vom 17. Januar 1978 – 2 BvR 487⁄76 – BVerfGE 47, 130, 139; Beschluss vom 25. März 1981 – 2 BvE 1⁄79 – BVerfGE 57, 1, 6). Das Parteienprivileg stellt den Bürger bei seiner parteioffiziellen Tätigkeit von Sanktionen frei um des ungestörten und unbehinderten Funktionierens der Partei willen. Dagegen schützt es ihn nicht in anderen besonderen rechtlichen Stellungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975, a.a.O. S. 358). Dies hat das Bundesverfassungsgericht in der zuletzt genannten Entscheidung für den Beamtenstatus ausgeführt. Für den rechtsähnlichen Status eines Berufs- oder Zeitsoldaten gilt Entsprechendes (Urteil vom 17. September 2003 – BVerwG 6 C 4.03 - Buchholz 448.0 § 48 WPflG Nr. 4).“
So sehen das Innenministerien aus Bundesländern, in denen die AfD schon länger als rechtsextremistisch eingestuft ist
Es folgen Presseauskünfte der Innenministerien aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, also aus Bundesländern, in denen die AfD bereits seit einiger Zeit von den Landesverfassungsbehörden als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft ist.
Presseauskunft des Innenministeriums Sachsen vom 03.05.2024 auf die Frage, welche Folgen es für AfD-Mitglieder bisher hatte, dass der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft ist und ob es beispielsweise zur Entziehung von waffenrechtlichen Erlaubnissen gekommen ist:
„Für den Vollzug des Waffengesetzes sind in Sachsen die Waffenbehörden der Landkreise und Kreisfreien Städte zuständig. Der Entzug oder die Nichterteilung der Waffenerlaubnis ist immer eine Entscheidung eines Einzelfalls. Maßstab ist § 5 des Waffengesetzes. ‚Rechtsextreme Tendenzen’ genügen hier nicht. Danach besitzen etwa Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die in den letzten fünf Jahren Mitglied in einer Vereinigung waren oder eine solche unterstützt haben, die Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, verfolgt oder verfolgt hat (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) WaffG). § 5 Abs. 4 WaffG sieht dazu eine Regelanfrage der Waffenbehörden bei den Verfassungsschutzbehörden vor. Allerdings ist die Parteimitgliedschaft dort meist nicht bekannt.“
Presseauskunft des Innenministeriums Sachsen-Anhalt vom 08.05.2024 auf die Frage, welche Folgen es für AfD-Mitglieder bisher hatte, dass der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft ist und ob es beispielsweise zur Entziehung von waffenrechtlichen Erlaubnissen gekommen ist:
„Allgemein ergeben sich aus einer Einstufung einer Partei oder Vereinigung als gesichert rechtsextremistisch auch Folgen in Bezug auf deren Mitglieder als Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse.
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Waffengesetz (WaffG) besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a) Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa) gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb) gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b) Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c) solche Vereinigung unterstützt haben.
Die Einschätzung als ‚gesichert rechtsextremistisch’ bedeutet letztlich nichts anderes als die Bewertung, dass eine Vereinigung ‚solche Bestrebungen“ verfolgt, die ‚gegen die verfassungsmäßige Ordnungen gerichtet sind, …’. Waffenrechtlich werden auch Parteien unter den Begriff der Vereinigung gefasst. Hierbei erfordert die Rechtsprechung, dass auch im waffenrechtlichen Verfahren dargelegt wird, dass und warum eine entsprechende Bewertung der Vereinigung getroffen wird.
Für die Mitglieder einer solchen Vereinigung gilt die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Damit sind die Mitglieder, soweit deren Mitgliedschaft in einer solche Vereinigung in der Waffenbehörde bekannt wird, waffenrechtlich zu überprüfen.
‚Regelvermutung’ heißt, das diese Vermutung widerlegbar ist. Letztlich müsste sich aus der Widerlegung eine weitestgehende Distanzierung von den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Vereinigung ergeben. Gelingt diese Widerlegung der Regelvermutung nicht, folgt hieraus die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit. Bei mangelnder Zuverlässigkeit sind waffenrechtliche Erlaubnisse zwingend zu entziehen. Auf diese Zusammenhänge hat das hiesige Landesverwaltungsamt als zuständige Fachaufsichtsbehörde mit Rundverfügung vom Januar diesen Jahres die örtlichen Waffenbehörden hingewiesen.“
Welche Folgen hat eine Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ durch den Verfassungsschutz für Beamt*innen, die Mitglied der AfD sind?
Auch diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es sind juristische Einzelfallprüfungen erforderlich.
Zu den rechtlichen Grundlagen gehört § 7 Absatz 1 Ziffer 2 Beamtenstatusgesetz. Dort sind die „Voraussetzungen des Beamtenverhältnisses“ geregelt:
„In das Beamtenverhältnis darf berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.“
In § 33 (Grundpflichten) Beamtenstatusgesetz heißt es:
„(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.“
Anknüpfend an das Beamtenstatusgesetz steht in § 3 Absatz 1 Landesbeamtengesetz Brandenburg:
„Neben der Berufungsvoraussetzung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 des Beamtenstatusgesetzes, wonach in das Beamtenverhältnis nur berufen werden darf, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten, ist auch Voraussetzung, dass der Bewerber die Gewähr dafür bietet, in diesem Sinne für die Verfassung des Landes Brandenburg einzutreten.“
§ 52 Landesbeamtengesetz Brandenburg regelt:
„(1) Neben der Grundpflicht nach § 33 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes, wonach sich Beamte durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung sie eintreten müssen, ist der Beamte auch verpflichtet, sich in diesem Sinne zur Verfassung des Landes Brandenburg zu bekennen und für diese einzutreten.
(2) Der Beamte hat folgenden Diensteid (§ 38 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes) zu leisten:
,Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Verfassung des Landes Brandenburg und die Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen; so wahr mir Gott helfe.’ Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerungsformel geleistet werden.“
Die Ausgangsfrage betrifft die Thematik des einstigen „Radikalenerlasses“. Dieser ist aus Gründen abgeschafft worden. Und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit einem Urteil Betroffene rehabilitiert (EGMR, 26.09.1995 – 17851⁄91). Die Bundeszentrale für politische Bildung berichtet über dieses Urteil:
„1995 gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR ) einer niedersächsischen Lehrerin Recht, die entlassen worden war, weil sie DKP-Mitglied war. Die Entlassung verstoße gegen das Recht auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit der Europäischen Menschenrechtskonvention, so das Urteil. Die Klägerin wurde daraufhin rehabilitiert. Sie musste wiedereingestellt und die entgangenen Dienstbezüge samt Pensionsansprüchen nachgezahlt werden.“
Das Bundesarbeitsgericht weist aber in einem Urteil vom 12.05.2011 (2 AZR 479⁄09) auf Folgendes hin:
„Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat anerkannt, dass ein demokratischer Staat das Recht hat, von seinen Bediensteten – jedenfalls in Abhängigkeit von ihrer Funktion – ein Bekenntnis zu zentralen Verfassungsgrundsätzen zu verlangen, auf denen der Staat beruht. Es seien – so der Gerichtshof – auch die Erfahrungen Deutschlands während der Weimarer Zeit und der anschließenden Phase bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahre 1949 sowie die Bestrebung zu berücksichtigen, die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage einer „wehrhaften Demokratie“ aufzubauen (EGMR 22. November 2001 – 39799⁄98 [Volkmer/Deutschland] – zu 1. der Gründe, NJW 2002, 3087; 26. September 1993 – 7÷1994÷454÷535 [Vogt/Deutschland] – Rn. 51, 59 ff., NJW 1996, 375).“
In oben genanntem Bundesarbeitsgerichts-Urteil vom 12.05.2011 (2 AZR 479⁄09) geht es um die Anfechtung einer außerordentlichen Kündigung eines NPD-Mitglieds aus dem öffentlichen Dienst wegen Verletzung der politischen Treuepflicht – es ging um ein Arbeitsverhältnis, für das zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und anschließend der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV‑L) galt. Die rechtlichen Bewertungen des Bundesarbeitsgerichts geben – auch über die folgenden Zitate aus dem Urteil hinaus – Aufschluss darüber, was die politische Treuepflicht von Angestellten und Beamten beinhaltet und was nicht:
1. Danach kommt bei politischer Betätigung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für eine verfassungsfeindliche Partei oder Organisation, insbesondere bei einem Eintreten für deren verfassungsfeindliche Ziele eine Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch unter personenbedingten Gesichtspunkten in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob die Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG festgestellt wurde. Auch das politische Engagement für eine nicht verbotene, gleichwohl verfassungsfeindliche Organisation kann kündigungsrechtlich beachtlich sein. Die dafür gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen sind von dem zur Entscheidung berufenen Gericht eigenständig zu treffen (BVerfG 22. Mai 1975 – 2 BvL 13⁄73 – zu B II der Gründe, BVerfGE 39, 334; BAG 31. März 1976 – 5 AZR 104⁄74 – zu IV der Gründe, BAGE 28, 62; zur Verfassungsfeindlichkeit der NPD vgl. BVerwG 7. Juli 2004 – 6 C 17⁄03 – NJW 2005, 85).
2. Eine verhaltensbedingte – außerordentliche oder ordentliche – Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation oder wegen deren aktiver Unterstützung setzt voraus, dass durch einen darin liegenden Verstoß gegen die Treuepflicht eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, sei es im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG 20. Juli 1989 – 2 AZR 114⁄87 – BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 – 7 AZR 456⁄82 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).
3. Eine personenbedingte Kündigung kommt unabhängig davon in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Aktivitäten jedenfalls die Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit fehlt. Im öffentlichen Dienst kann sich ein Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Diese ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG 8. Juli 1997 – 1 BvR 2111⁄94 ua. – zu C I 1 b der Gründe, BVerfGE 96, 171). Mitgliedschaft und aktives Eintreten des Arbeitnehmers für eine verfassungsfeindliche Organisation können entsprechende Zweifel erwecken. Sie führen aber nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG 28. September 1989 – 2 AZR 317⁄86 – zu B I 1 der Gründe, BAGE 63, 72; 20. Juli 1989 – 2 AZR 114⁄87 – zu II 2 c der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 – 7 AZR 456⁄82 – zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Entscheidend ist, inwieweit die außerdienstlichen politischen Aktivitäten in die Dienststelle hineinwirken und entweder die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren (BAG 6. Juni 1984 – 7 AZR 456⁄82 – mwN, aaO). Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitgeber wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat (BAG 20. Juli 1989 – 2 AZR 114⁄87 – zu II 2 c aa der Gründe mwN, aaO).
4. Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind ua. in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV‑L (zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) festgelegt.
a) Nach dieser Regelung, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt, sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung hat der Kläger zudem im Zusammenhang mit seiner Einstellung abgegeben.
b) Allerdings können weder die auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT abgegebene Erklärung des Klägers vom 17. Juli 2003, noch die mit § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT wörtlich übereinstimmende Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV‑L mit ihren allgemein gehaltenen Formulierungen dahin verstanden werden, dass allen Beschäftigten des beklagten Landes ohne Bezug zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit – vergleichbar den Beamten – eine Pflicht zur Verfassungstreue obliegt (grundlegend BAG 31. März 1976 – 5 AZR 104⁄74 – zu III 1 d der Gründe, BAGE 28, 62; seither st. Rspr. 20. Juli 1989 – 2 AZR 114⁄87 – zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 – 7 AZR 456⁄82 – zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).
aa) Beamte unterliegen einer gesteigerten politischen Treuepflicht. Diese fordert ihre Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dh. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung, zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Beamte haben sich deshalb von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (BVerfG 22. Mai 1975 – 2 BvL 13⁄73 („Radikalenerlass“) – zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 39, 334).
bb) Dieser – weite – Umfang der das Beamtenverhältnis prägenden Treuepflicht lässt sich nicht schematisch auf Beschäftigte übertragen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum öffentlichen Arbeitgeber stehen und denen in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse übertragen sind (BVerfG 22. Mai 1975 – 2 BvL 13⁄73 – zu C I 7 b der Gründe, BVerfGE 39, 334). Bei der Fülle staatlicher Aufgaben gibt es durchaus Bereiche, bei denen es für die konkret geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht auf die von Beamten verlangte besondere politische Loyalität ankommt. In diesen Bereichen können Arbeitnehmer auch dann beschäftigt werden, wenn sie nur ein geringeres Maß an politischer Treue erfüllen. Würde man für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßig und unabhängig von ihrer Funktion das Bestehen einer besonderen politischen Treuepflicht annehmen, so würden damit politische Grundrechte der Arbeitnehmer – die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen (Art. 21 Abs. 1 GG) – unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt (BAG 5. August 1982 – 2 AZR 1136⁄79 – zu II 4 a und III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1; 29. Juli 1982 – 2 AZR 1093⁄79 – zu B IV 2 c der Gründe, BAGE 39, 235).
cc) Das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergibt sich aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie, vgl. BAG 20. Juli 1989 – 2 AZR 114⁄87 – zu II 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 62, 256). Er schuldet (nur) diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist.
Trifft den Arbeitnehmer nach der ihm übertragenen Funktion keine Pflicht zu gesteigerter Loyalität, ist er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, jederzeit und auch außerdienstlich aktiv für den Bestand der politischen Ordnung des Grundgesetzes einzutreten. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann er die Verfassung schon dadurch „wahren“, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung jedenfalls nicht aktiv bekämpft (BAG 20. Juli 1989 – 2 AZR 114⁄87 – zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 12. März 1986 – 7 AZR 468⁄81 – zu II 2 c der Gründe, RzK I 1 Nr. 10).
Aber auch für Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit – etwa als Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter – die gleichen oder zumindest ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die von in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten, gilt, dass die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation oder ein Tätigwerden für diese zwar Indizien für das Fehlen der Bereitschaft zur Verfassungstreue sind, für sich genommen aber als Eignungsmangel regelmäßig noch nicht ausreichen. Anders als bei der Einstellung, für deren Unterbleiben es grundsätzlich genügt, dass allgemeine Zweifel an der Verfassungstreue begründet sind (BAG 6. Juni 1984 – 7 AZR 456⁄82 – zu II 2 a aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12), obliegt es dem öffentlichen Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, derartige Zweifel durch bestimmte, auf den Arbeitnehmer und seinen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu konkretisieren und so zu verstärken. Aufschlussreich kann insoweit das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers sein, wenn es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele der betreffenden Organisation hinausgeht. Von Bedeutung kann auch das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers und das Fehlen der Bereitschaft sein, sich von verfassungsfeindlichen Zielen der Organisation, der er angehört oder für die er eintritt, zu distanzieren (BAG 28. September 1989 – 2 AZR 317⁄86 – zu B I 4 c der Gründe, BAGE 63, 72).
5. Das Maß der politischen Treuepflicht hat zugleich Einfluss auf das Erkundigungs-/Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung. a) Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB begründen kann (zur Frage nach früherer MfS-Tätigkeit BVerfG 8. Juli 1997 – 1 BvR 2111⁄94 ua. – BVerfGE 96, 171; BAG 13. Juni 2002 – 2 AZR 234⁄01 – zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341). b) Auch wenn zu den Eignungskriterien im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG die Verfassungstreue zählt, sind darauf bezogene Fragen nur zulässig, soweit die vorgesehene Funktion dies erfordert und rechtfertigt (vgl. BAG 16. Dezember 2004 – 2 AZR 148⁄04 – zu B II 1 b und 2 a der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 31. März 1976 – 5 AZR 104⁄74 – BAGE 28, 62; 1. Oktober 1986 – 7 AZR 383⁄85 – BAGE 53, 137; Conze Fragerecht des öffentlichen Arbeitgebers und Offenbarungspflicht des Bewerbers bei der Vertragsanbahnung ZTR 1991, 99, 106 mwN). Die Frage muss so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wonach gefragt ist. Er muss die Zulässigkeit der Frage beurteilen können (BAG 13. Juni 2002 – 2 AZR 234⁄01 – zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341). Wenn politische Einstellungen den Arbeitnehmer bei funktionsbezogener Betrachtung nicht – auch für ihn erkennbar – an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten hindern, besteht keine Pflicht, die eigenen Überzeugungen und mögliche Parteimitgliedschaften oder Organisationszugehörigkeiten ungefragt zu offenbaren.[…]Die angeführten Grundsätze tragen den Diskriminierungsverboten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung (vgl. BAG 6. November 2008 – 2 AZR 523⁄07 – BAGE 128, 238). Dabei kann unterstellt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der „Weltanschauung“ betrifft (dazu einerseits Annuß BB 2005, 1629, 1631; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; andererseits BVerwG 7. Juli 2004 – 6 C 17⁄03 – zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85). Durch die funktionsbezogene Betrachtung ist hinreichend sichergestellt, dass ein Eignungsmangel des Bewerbers nur bejaht wird, wenn die von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV‑L geforderte Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG darstellt.“
So sehen das Innenministerien aus Bundesländern, in denen die AfD schon länger als rechtsextremistisch eingestuft ist
Es folgen Presseauskünfte der Innenministerien aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, also aus Bundesländern, in denen die AfD bereits seit einiger Zeit von den Landesverfassungsbehörden als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft ist.
Presseauskunft des Innenministeriums Sachsen vom 03.05.2024, auf die Frage, welche Auswirkungen es für AfD-Mitglieder hat oder haben kann, dass der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft ist:
„Die Mitgliedschaft von Beamten in einer (rechts-)extremistischen Partei oder Organisation indiziert Zweifel an ihrer Verfassungstreue, kann aber alleine noch nicht genügen, um dem Beamten selbst Verfassungsfeindlichkeit vorzuwerfen und ohne weiteres einen Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht anzunehmen. Neben der bloßen Mitgliedschaft müssen Handlungen bzw. Aktivitäten hinzukommen, die die Annahme rechtfertigen, dass die betreffende Person ein Dienstvergehen begangen hat. Es ist jeweils individuell zu beurteilen, ob die politischen Aktivitäten der betreffenden Person mit der Treuepflicht vereinbar sind. Die Wahrnehmung von herausgehobenen Funktionsämtern oder von Wahlkandidaturen für Parteien oder Organisationen können als über die bloße Mitgliedschaft hinausgehende Aktivitäten bewertet werden.
33 Abs. 1 BeamtStG regelt die verfassungsrechtliche politische Treuepflicht ausdrücklich auch als Grundpflicht und bestimmt, dass für Beamtinnen und Beamte die Pflicht besteht, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten. Die Beamtinnen und Beamten dürfen – als Bürger – Mitglied einer Partei sein. Entsprechend gebietet § 33 Abs.2 BeamtStG den Beamtinnen und Beamten bei politischer Betätigung die Wahrung von Mäßigung und Zurückhaltung nur in dem Maße, wie es sich aus der Stellung der Beamten gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt. Bei Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht kann im förmlichen Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst bzw. auf Aberkennung des Ruhegehalts abgestellt werden. Bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf rechtfertigt die Verletzung der Treuepflicht regelmäßig die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Für die Prüfung möglicher beamtenrechtlicher Konsequenzen wegen des Verstoßes gegen die Verfassungstreuepflicht muss eine individuelle Beurteilung des jeweiligen Beamten bzw. dessen Verhaltens erfolgen. Ein Aspekt im Verhalten, der für die hier geforderte Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten erheblich sein kann, kann auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt – unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) festgestellt ist oder nicht.“
Presseauskunft des Innenministeriums Sachsen vom 03.05.2024, auf die Frage, welche Auswirkungen es für Beamt*innen, die in der AfD Mitglied sind, hat oder haben kann, dass der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft ist:
„Der Dienstherr hat keine rechtliche Grundlage, die Parteimitgliedschaft seiner Beschäftigten zu erfragen. Tätigkeiten, die nach allgemeiner Lebensanschauung zur persönlichen Lebensgestaltung gehören, sind grundsätzlich nicht anzeigepflichtig (vgl. § 103 Satz 1 SächsBG).“
Presseauskunft des Innenministeriums Sachsen-Anhalt vom 08.05.2024, auf die Frage, welche Auswirkungen es für AfD-Mitglieder hat oder haben kann, dass der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft ist:
„Die Verfassungstreuepflicht ist wesentlicher Bestandteil des Beamtentums. In das Beamtenverhältnis darf daher nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGo) im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeivollzugsdienst werden daher vor der Einstellung über den Inhalt der Verfassungstreuepflicht und über die Folgen von Pflichtverstößen schriftlich belehrt. Im Rahmen des Auswahlverfahrens wird geprüft, ob die Bewerberinnen und Bewerber die Gewähr dafür bieten, jederzeit für die fdGo einzutreten. U. a. werden Führungszeugnisse nach dem Bundeszentralregistergesetz eingeholt und es wird die Zuverlässigkeit der Bewerberinnen und Bewerber nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt überprüft. Zudem erfolgt seit Anfang 2022 eine Abfrage bei der Verfassungsschutzbehörde. Diese Prüfung der beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen wird unabhängig von der aktuellen verfassungsschutzrechtlichen Einstufung der AfD auch künftig durchgeführt. Dabei wird die Mitgliedschaft eines Bewerbers oder einer Bewerberin in einer z. B. als extremistisch eingestuften oder gar verbotenen Organisation einbezogen.
Soweit bei im Dienst befindlichen Beamten der Verdacht besteht, dass sie gegen ihre Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen, werden Disziplinarverfahren und ggf. Strafverfahren eingeleitet. Dies gilt unabhängig von einer Mitgliedschaft in der AfD. Die bloße Mitgliedschaft führt nicht automatisch dazu, dass ein Beamter im Rahmen eines Disziplinarverfahrens aus dem Beamtenverhältnis entlassen wird. Zu betrachten ist vielmehr das gesamte Verhalten des Beamten und das Persönlichkeitsbild im Einzelfall. Liegen Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung vor, wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet, unabhängig davon, dass es sich bei der AfD derzeit nicht um eine verbotene Partei handelt. Auf der Grundlage von § 18 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) können Einstellungsbehörden bei der Verfassungsschutzbehörde Auskünfte zur Überprüfung der Verfassungstreue von Personen einholen, die sich für den öffentlichen Dienst bewerben. Die Auskunft der Verfassungsschutzbehörde ist beschränkt auf gerichtsverwertbare Tatsachen aus vorhandenen Unterlagen. Bedienstete, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind oder betraut werden sollen, werden zudem auf der Grundlage des Sicherheitsüberprüfungs- und Geheimschutzgesetzes (SÜG-LSA) sicherheitsüberprüft. Die Sicherheitsüberprüfung dient dazu, mögliche Sicherheitsrisiken auszuschließen. Art, Umfang und Intensität richten sich grundsätzlich nach der Tätigkeit und den Zugängen, die die Bediensteten erhalten sollen.“
Presseauskunft des Innenministeriums Sachsen-Anhalt vom 08.05.2024, auf die Frage, welche Auswirkungen es für Beamt*innen, die in der AfD Mitglied sind, hat oder haben kann, dass der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft ist:
„Grundsätzlich müssen Beamte nicht angeben, ob sie Mitglied einer Partei sind. Beamtinnen und Beamte haben allerdings die Pflicht, sich durch ihr gesamtes Verhalten – d. h. inner- und außerdienstlich – zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende Dienst- und Treueverhältnis verpflichtet den Beamten zur Beachtung der beamtenrechtlichen ‚Grundpflichten’: Er hat sein Amt nach den Vorgaben der Verfassung und der Gesetze zu führen, sich loyal gegenüber seinem Dienstherrn zu verhalten, seine Aufgaben „unparteiisch und gerecht“ (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG)) zu erfüllen und er muss sich durch sein „gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“ (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG).“